von Balog » 08.01.2013 (13:27)
Eine neue neue Rezension von Rigobert Dittmann für Bad Alchemy 76.
SARDH : BRUTH (Mysyc 11, 2 x LP): Nur mit einem verlegenen Grinsen mag ich mich an meine anfänglichen Schwierigkeiten mit diesem Dresdner Kollektiv erinnern. Längst hat sich meine Skepsis in Respekt verwandelt und in aktive Solidarität, etwa mit dem 'Pyradigma'-Projekt, jenem babylonisch-metamedialen Großentwurf der Schweigwerk-statt.
Siebgedruckt mit Lineamenten von Detlef Schweiger präsentiert ein neues Klappalbum in schnörkellosem Schwarzweiß neue 'Art Bruth' von Balog (Gesang, Alien-Stimme, E-Bass, Rumpf-Piano, Türen, Kaoss Pad, Sampling Programming), Joel (Monochord, Spatula, Metallband, Vibroline, Stimme, Feldaufnahmen...), Schweiger (E-Gitarre, Alien- & Lyrik-Stimme, Meta-Tisch, Federdreieck, Orlando, Pisspott, Eso-Kugel, Harke, Air FX, Trompete etc.), Voxus Imp (Keyboard, Expander-Feder, E-Bass, Schlauch-Stimme, Megaphon, Percussion...) & a.G. Ed Myer (E-Gitarre, Federdreieck, Stimme).
Die Dresdner Brutisten besetzen einen Alienpol, den man über Non Toxique Lost und `N.N.Und Ähnliche Elemente` triangulieren könnte, ohne deswegen dann schon auf ihre ganze Verve gefasst zu sein. Sie sind groß darin, stramm zu schwittern, etwa wenn da "tueren lautzen / krache oehren / raune stimmen / schwittern ein", wenn "blech gefaechte [heikel] schallen" und "nois akuste" sardhinesk zerschreddert. Dabei fängt es leise an, bevor ein erster Schlag aufschreckt, ein zweiter und ein dritter, bevor Türen schlagen und verzerrte Alien-Stimmen dämonisch zu raunen und zu krächzen beginnen. Danach - a capella - ein expressionistisches Manifest im Black-Metal-Update und - in Englisch - der düster geschriene und gehämmerte Gothic-Rocksong 'notreya', der seinem apokalyptischen Rappen die Sporen gibt. Wie die Ork- und Troll-Bataillone aus Isengard und Mordor stampft 'tessga tendur' dahin und der dabei angestimmte metalistische Schreigesang und das viehische Schlachtengetümmel mitsamt dem gutturalen Raunen im elegischen 'kolog' danach legen nahe, endlich die Verblendung zu überwinden und es einzugestehen - Isengards Brut, das sind wir.
'asterloh' wird in einem Pseudo-Ungarisch geschrien, diesmal zu einem synkopierten Partisanen-Hop. 'brutex' evoziert noch einmal 'Menschheitsdämmerungs'-Poesie, gefolgt von 'aera eff' und dem gebrüllten Befehl: Legt euch flach auf den Boden! Mit einem gezielt eingesetzen Vinylrauschen schraubt sich 'veny vox' voran, als metallischer Klingklang-Loop, mit dumpfem Wummern und pulsierendem Surren, wie eine Raupe auf dem Schüsselrand. Nach der Verve zuvor ist diese stagnierende Leier, dieses leiernde Stagnieren womöglich das, worum sich vieles, vielleicht alles dreht? Erdumdrehungen und Sonnumkreisungen mit leichten Variationen, eigentlich kaum mehr als ein Rauschen. Und am Ende ein schwarzes Loch.
[BA 76 rbd]