von Paradroid » 16.11.2004 (12:58)
Auch wenn es jetzt vielleicht ein etwas langes Statement zu einer kleinen Äußerung hier ist, möchte ich dennoch diese Textpassage aus einer aktuellen Rundmail eines auch hier angemeldetem zitieren:
"Allerdings waren auch bald Stimmen zu hoeren, die reaktionaer toenten: "Selber schuld", "Das kommt davon", "War ja abzusehen", "Tja, so kann's gehen", etc.
Bei Kommentaren wie diesen koennten wir nur kotzen! Ebenso wie in Amerika der schwarze HipHop vornehmlich von bornierten weissen Mittelklassekids konsumiert wird, ist auch in der Industrialszene in den letzten zehn Jahren immer staerker die Tendenz zu beobachten, dass Hoerer bzw. Kaeufer an den Biografien, Intentionen und dem Background der Musiker nicht nur kaum mehr interessiert sind, sondern eine ueber Jahrzehnte gewachsenen Szene in das Korsett eines neuen engen Weltbilds zwaengen wollen. Da wird etwa von Szenegroessen zum Abstossen von D**th In June Platten geraten weil im Inlet zwei Protagionisten der Szene in pseudo-homoerotischer Pose abgelichtet sind und werden Tiraden ueber Drogen (und ihnen angeblich verfallene Musiker) verfasst, die weltfremder nicht sein koennten und zudem von Leuten verbreitet werden, die vielleicht erst einmal ihre eigenen Probleme mit der Volksdroge Alkohol thematisieren sollten.
Auf der von uns praesentierten 2002'er COIL Tour haben wir mit vielen Leuten gesprochen und dabei leider auch nicht wenige solcher Leute kennengelernt. Leute in deren Weltbild Schwule, emazipierte Frauen, Drogenkonsum und Hausbesetzer am liebsten gar nicht vorkaemen und die sich nicht zu bloed sind, ihre Abscheu und Ekel vor derlei Gesocks stets und ueberall zu thematisieren, aber dennoch in die Konzerte von Kuenstlern wie COIL, Diamanda Galas,Nocturnal Emissions, Novy Svet, etc. rennen. Selbstverstaendlich nur der Musik wegen. Man kann das ja trennen.
Es ist an der Zeit, dass diese Leute einmal ihren Horizont oeffnen und sich eingestehen, dass ihr neoreaktionaeres Gehabe bei selbsternanten 'Avantgarde' Veranstaltungen so gar nicht moeglich waere und sie ohne die jahrzehntelange Pionierarbeit von arbeitssscheuen, ganz und gar gesellschafts-inkompatiblen, lichtscheuen Querdenkern ihre markigen Stammtischsprueche in ranzigem Kneipenumfeld oder im Rahmen piefiger Vereinsmeierei klopfen muessten und nicht pseudoweltmaennisch auf Industrial/Darkwave/Neofolk Veranstaltungen im In-und Ausland, wo der Verstand zu oft gerne ausgeschaltet wird und die Musikdarbietung als Hintergrundgedudel zur eigenen Selbstsdarstellung gerade noch geduldet wird.
Die Protagonsiten und Gruendervaeter des Industrial waren in ihrem Denken und Handeln Lichtjahre von dem entfernt was heute unter dem selben Siegel firmiert. Die Beschaeftigung mit Magie und Natinalsozialismus war eine weitaus obzessivere als heutzutage und verlor sich dennoch bei weitem nicht in solch engen Gassen, wie dies heute zu beobachten ist. Die gesamte Londoner Clicque um Industrial Rec./Fetish/Sterile Rec./Temple Rec./United Dairies/NER//Durtro etc. pp. war ein einziger Haufen von versoffenen Speedjunkies, die mehr schlecht als recht in besetzten Gebaeuden hausten. Und das war auch gut so. Platten wie 'Fuer Ilse Koch' und Tapes wie 'White Power' haetten in einer eichenfurnierten rotweingeschwaengerten Wohnathmosphaere wohl kaum entstehen koennen."