Fasse den Abend mal zusammen:
Die Anreise ins Rheintal ist - für mich als Burgen und Ruinenfreund - sowieso immer ein besonderer Reiz. Also ging es nach St. Goarshausen und dann hoch auf die Loreley. Als ich um ca. 18 Uhr ankam, waren noch genug Parkplätze vorhanden; obwohl das Festival schon in vollem Gange war.
Das Festivalgelände ist natürlich eine klasse Sache; oben auf dem Loreleyfelsen mit gigantischer Aussicht auf den Rhein. Das "Amphitheater" war anscheindend auch schon Austragungsort für ein Zillofestival (hab ich mir sagen lassen...). Jede Menge Stände deckten die Besucher mit Getränke, Futter und Merchandising ein; so konnte ich mir den Kauf eines T-Shirts usw. auch nicht verkneifen. Trotz vieler dunklen Wolken an dem Tag blieb es glücklicherweise bis zum Schluss trocken.
Gleich am ersten Plattenstand wurde ich von einem anderen Gast angesprochen ("Oh, cool - you like Merzbow???" - bezogen auf mein T-Shirt) und es gab einen netten Industrial-Smalltalk (witzigerweise auch noch ein atrox-Fan - wusste gar nicht, dass es sowas gibt..
). Auch ansonsten waren reichlich Gestalten da, welche dem Grufti- bzw. Krachlager zuzuordnen waren. Dafür war das Durchschnittsalter deutlich über 40; eher sogar Richtung 50.
Um kurz vor 20:45 begann dann nach einer grösseren Umbauphase das Tangerine Dream - Konzert. Mit einem mords Materialberg und fünf Leute auf der Bühne war auch fürs Auge viel Unterhaltung geboten.
Vorne die beiden Froese's; ein Gitarrist und oben zwei hübsche Damen, die sich um Percussions, Schlagzeug und Sax etc. kümmerten. das TD - Set war anfangs leider wie ich es erwartet habe; viel moderner Elektro-Plingplang, was mir eben an TD nicht so gefällt. Jedoch nach einer Stunde haben die begonnen, diverse "alte" Tracks zu spielen; darunter Lieder von der hyperborea-Platte - aber auch (hurra!) einen Track aus Tangram. Zudem gabs (unter grossem Beifall!) den Schimmi-Soundtrack "Das Mädchen auf der Treppe"
Zum Schluss gab es noch ein klasse Gitarrensolo vom Meister Edgar (übrigens auch schon 64!), welches auch das Publikum voll mitriss.
Alles in Allem ein durchweg gutes Konzert, über zweieinhalb Stunden lang. Klasse Lasershow gabs auch dazu. Weniger gefallen hat mir die Kühle zum Publikum (ein bisschen Arroganz ist nicht zu verbergen) und zudem rätsle ich immernoch herum, warum auf zwei grossen Flachbildschirmen je ein Minimoog abgebildet war. Zwei echte hätten da besser ausgesehen, bzw. Nahaufnahmen von ihrem Tun an den Keyboards.
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Nach einer guten halben Stunde kam dann der KS auf die Bühne; äusserst "gut" drauf... Er hat erstmal das Publikum begrüsst und ein paar Minuten mit den Besuchern am Mikro rumgealbert ("Ich spiel' jetzt mal ne halbe Stunde oder so für mich und dann kommt die Lisa dazu. Ist das so ok?"). Was dann folgte - genial! Auf zwei, drei Synthis improvisierte er völlig ohne Sequencer bizarre Klangteppiche. überraschenderweise meist so leise, dass die Crew hinter der Bühne aufhören musste, den TD-Kram abzubauen, weil das sonst gestört hätte. Irgendwann begann dann eine Sequenz und Schulze baute ein irrsinns-Track auf. Phantastische Reise in die Vergangenheit der elektronischen Musik! Dann wurde es wieder ruhiger und Lisa Gerrard kam auf die Bühne. Es verschaffte mir eine dauerhafte Gänsehaut, was die beiden dort ablieferten. Das war kaum noch Musik; eher ein Kunstwerk! Auch dieser lange Part war komplett improvisiert und Lisa orientierte sich stets an der Soundhöhe, die der KS anspielte.
Es gab fanatischen Beifall vom Publikum - und Schulze suchte auch hier erstmal den Kontakt zum Publikum: "Wollt Ihr jetzt wieder ein bisschen Sequenzen oder lieber nochmal die Lisa?" - Auf den Zuruf eines Besuchers: "Beides!" meinte KS nämlich dann: "Na das geht nicht; da kann die Lisa nicht so gut drauf einsteigen! - Aber dann spiel ich jetzt einfach noch ein bisschen Sequenzen und später mach ich dann was ruhigeres mit Lisa".
Um das Ende zu finden: Es folgte noch fast eine Stunde "Zugabe" vom Feinsten!
Es war das erste KS-Konzert seit fünf Jahren und mein Viertes in 25 Jahren. Aber sicher eines seiner Besten.
Noch zwei nette Anmerkungen am Rande:
Interessanterweise sprang bei der Technik-Crew ein Kerl mit einem Conusmer-Electronics-Shirt auf der Bühne umeinander, Gruss an ihn!
Was weniger toll war: Im abgesperrten Bühnenbereich und ständig auch auf der Bühne nervten unzählige (naja, ich hab gezählt: während KS zum Teil 24 Photographen!) Photographen, die teils zu dritt Lisa von vorne belagerten, dass sie von den Besuchern fast nicht mehr zu sehen war. Erst nach Protestgeschrei aus dem Publikum wurde es etwas besser.
Zusammenfassend: hochlohnenes Festival - musikalisch wie auch stimmungsvoll. 1000% gelohnt. Danke!
Wenn ich es jetzt noch aufs Ironflame schaffe, dann habe ich die beiden "Winner-Festivals" für 2008...