Da ich als alter "Anstachler" an diesem Thema ein wenig Schuld trage, will ich mich dann auch mal äußern.

Hätte man mir vor 5 Jahren gesagt, ich wäre irgendwann mal mit einer Amerikanerin verheiratet und würde mich sogar dazu bewegen lassen dort zu wohnen, wäre ich in gällendes Gelächter ausgebrochen. Nun ja, der erste Punkt ist bereits eingetroffen und in 5 Wochen wäre das auch für Punkt 2 der Fall.
Soviel zur Voreingenommenheit meiner "neuen Heimat" gegenüber.
Vom Saulus zum Paulus, d.h. vom US-Gegner zum -Freund, habe ich mich dennoch nicht gewandelt. Etwas differenzierter sind meine Gedanken diesbezüglich allerdings geworden und werden es voraussichtlich auch weiterhin werden...
Ablehnend stehe ich der US-Politik gegenüber, was sich aber nicht sonderlich von meiner Einstellung zu anderen Staaten (inklusive Deutschland) unterscheidet.
Gesellschaftlich bevorzuge ich die USA sogar. Zwar bin ich selbst Deutscher und hänge einer entsprechenden Mentalität nach, allerdings bin ich noch nie mit dem deutschen Charakter des "Vollkasko-Lebens" zurechtgekommen, in dem immer alles auf Sicherheit hinausläuft, letztendlich aber am Staat moniert wird, z.B. was die aktuelle Demontage des Sozialsystems betrifft. Das System in den USA ist hier stark im Verruf, die sogenannte Hire & Fire-Mentalität (welche es so überhaupt nicht gibt, da auch dort Grundregeln existieren), ebenfalls existiert ein Sozialsystem usw. Der Vorteil besteht allerdings auch darin, daß man es zu etwas bringen kann und die üblichen Stolpersteine der deutschen Wirtschaft dort einfach nicht existieren. Man verplempert jede Menge Zeit mit sinnlosen Ausbildungen, Zertifikaten, bla, bla... In den USA bekommt man grundsätzlich eine Chance - und wer sie nutzt, wird auch seinen Nutzen daraus ziehen.
Es gibt genug was ich an den "Amis" überhaupt nicht ausstehen kann, abgesehen von ihrem Präsidenten - z.B. kommt mir das große Kotzen, wenn Mr. and Mrs. Amerika am Flughafen vor mir stehen und ihr Ausdruck nur so davor stinkt, daß sie meinen "King of the World" zu sein. Die globale Engstirnigkeit und der limitierte Horizont sind andere Dinge, wo aich aber auch hier Veränderung sehe - im kleinen Rahmen vorerst, aber immerhin. Manche Leute merken langsam, daß außerhalb West & East Coast auch noch eine Welt existiert und es so nicht weitergehen kann.
Allerdings habe ich nix dagegen, wenn mir die Tante im Supermarkt an der Kasse ein nettes Lächeln schenkt oder einfach eine Freundlichkeit existiert, die es hier nicht gibt. Ich will die Leute nicht heiraten oder zum Kaffee einladen, aber ein wenig Freundlichkeit macht den Tag angenehmer - im Gegensatz zu den ranzigen Fressen, denen man hier begegnet. Auch wenn's nur am Anti-Depressiva liegt...
Als 2001 die Twin Towers fielen, habe ich mich in meine Deutsch-sein selbst ertappt. Mein erster Gedanke war, daß es ihnen doch ganz recht geschieht, wenn nun zum ersten Mal auf amerikanischem Boden so etwas passiert. Wer auf der Welt herumpfuscht, zwei Atombomben wirft und Deutschland in Schutt und Asche legt, hat es eben nicht anders verdient... Allerdings konnten die Opfer nichts dafür, was ihre Politiker und Vorfahren so alles angerichtet haben. Ebenso können die heutigen Deutschen nichts dafür, daß die Nazis von damals wüteten wie die Berserker. Wir haben's auch nicht verdient - damals nicht und jetzt nicht.
Wer den "American Lifestyle" nicht mag, soll sich anders orientieren. Ich halte ebenfalls nichts von Bubblegum, Baseball und Apple Pie. Wnn unsere Gesellschaft zunehmend "amerikanisiert" wird, liegt das nicht zwangsläufig an den Amis, sondern am Empfänger. Wir Menschen sind und bleiben dummes Zeug - leben wir also damit...
Worauf ich mich bei den Amis am meisten freue? Die Wüsten- und Berggebiete in Texas, Arizona, New Mexico, Colorado oder Wyoming. Am wenigsten? Speed Limits beim Autofahren einzuhalten, da an jeder Ecke ein Cop steht und Tickets verdammt teuer werden können
